Toiletten am Bahnhof statt Stadionneubau. Dieser Satz ist jetzt öfter zu hören. Doch ohne ist der Eissport tot, so ESW-Chef Bernard Stefan.
Die Pokale an den Wänden des Vereinszimmers erzählen von besseren Zeiten. Ein Blick in die Tabelle der 2. Eishockey-Bundesliga spricht eine andere Sprache. Die Lausitzer Füchse auf dem 13. und damit letzten Platz sind punktemäßig weit vom Vorletzten weg – haben dennoch eine Zukunft. Die Gründe: Neuen Nachwuchs und die neue Eishalle wird es geben.
Die Planungen für den Neubau der Eishalle nehmen Gestalt an. Knapp 16 Millionen Euro – wofür? Für die 3. Liga?, fragen böse Zungen und fordern stattdessen öffentliche Toiletten am Bahnhofsvorplatz. Oder mehr finanzielle Unterstützung für die Jugendarbeit. „Aber genau das machen wir: Jugendarbeit.“ Bernard Stefan, Vorsitzender des Vereins Eissport Weißwasser (ESW) bekommt einen bitteren Zug um die Augen, wenn er nur an die Vorwürfe denkt. 200 Kinder trainieren beim ESW. Kinder aus der ganzen Region – bis hinüber nach Polen. Auf der Eisfläche tummeln sich Migranten und behinderte Kinder. Die soziale Verantwortung des Eissports steige, je mehr an den Ausgaben für die Träger der freien Jugendhilfe gespart wird, so Stefan.
Die Umkleiden für die Jugend sind im Obergeschoss. „Elternfreie Zone“, verkündet ein Schild. Schon auf der Treppe schlägt einem der dumpfe Geruch von Schweiß entgegen. Eine Belüftung nach heutigem Standard gibt es nicht. Die Umkleiden sind beengt. „Die Halle ist einfach runtergewirtschaftet“, sagt Füchse-Sprecher Andreas Friebel. Die Stadt habe an allen Ecken und Enden gespart, solange die Betreibung in ihren Händen lag. Bis 2005 ging das so. Dann setzte der damalige Oberbürgermeister Rauh dem Verein das Messer auf die Brust: Entweder ihr übernehmt die Halle oder es ist Schluss. Seitdem betreibt der Verein die Halle. Er setzte die Eiszeiten hoch und auch etwas die Mieten. Obwohl die Stadt seitdem 100000 Euro jährlich zuschießt, sparte sie durch den Deal insgesamt 1,6 Millionen Euro ein, so Stefan. Und der Verein macht seine Sache offensichtlich gut. Eine Betriebsprüfung 2010 bescheinigt „Vorbildlichkeit“.
Noch ist nur Ballspielen verboten – künftig würde die Halle gesperrt.
Szenenwechsel. In der Wandvitrine am Eingang zu den Eismaschinen kuscheln sich Gasmasken aneinander. Gasalarm, warnt ein Leuchtschild über der Tür. Es ist aus. Dann öffnet der Eismeister und mehrfache Nationalspieler Frank Braun die Tür und der Spaß ist vorbei. Ammoniak – deshalb die Vorsichtsmaßnahmen. Das Gas aus Stickstoff und Wasserstoff ist giftig. Es kühlt die Eisfläche und nimmt jedem Besucher schon beim Erstkontakt den Atem. Von den drei Eismaschinen dient eine als Ersatzteillager. Nur eine ist neu. Die zweite stammt aus sowjetischer Produktion und arbeitet wenig effizient, wird aber gebraucht. Investitionsbedarf ist quasi überall an, in und um die Halle. Entlang der Leitungen, die vom maroden Hallendach kommend im Boden verschwinden, haben sich wüste Dreckschlieren gebildet. Sie lecken. Der Tüv droht, die Ausnahmegenehmigung für die Tribünen zu entziehen, obwohl erst vor zwei Jahren in die Treppenanlagen investiert wurde. „Die fünf Millionen Euro Eigenanteil, die die Stadt in den Neubau der Eishalle steckt, würden bei einer Sanierung der alten Halle bei Weitem nicht ausreichen“, stellt Stefan nüchtern fest.
In der Eishalle ist es kalt. Auf der Fläche trainieren Jugendliche. Bernard Stefan fummelt an seinem Handy und zieht den Belegungsplan groß. Nur zehn Prozent der Eiszeiten belegen die Profis der Lausitzer Füchse. „Die Leute unterscheiden ja nicht“, schimpft er. Die Profimannschaft sei nur Mieter. Nicht anders ist das bei der neuen Eishalle. Eine Kabine und anderthalb Büroräume werden dort ausschließlich dem Profibereich vorbehalten sein. Alles Übrige nutzen die 13 Hobbymannschaften, die Teams aus Niesky, Bad Muskau oder Jonsdorf, die Bambinis, die Kinder- und Jugendmannschaften mit. Braucht auch nur eine davon Ränge für über 2000 Zuschauer? „Die Profis tragen dazu bei, dass die Kinder und Jugendlichen subventionsfrei aufs Eis gehen können“, kontert Andreas Friebel. Rund 25 Prozent der künftigen monatlichen Miete fließen von der Spielbetriebs GmbH Lausitzer Füchse an den ESW. Ohne die Füchse und die neue Halle, da ist sich Bernard Stefan sicher, wäre der Eissport in Weißwasser tot. Und der ist eine Macht. „Wenn wir alle aufs Eis stellen, die hier spielen und trainieren, würden die Kritiker schweigen“, ergänzt Hans-Jürgen Beil vom ESW-Vorstand.
Recht ist, wer recht hat und ich finde, daß hier endlich mal klare Worte gesagt worden sind, aber ich beneide die Verantwortlichen nicht um ihre Aufgabe. Fakt ist, die Halle muß her, auch dann wenn man am Bahnhof nicht mehr kacken gehen kann. Scheißegal.
2 | wilbert | 20.02.2011 @ 16:52
Wenn der Eissport in WWS stirbt, stirbt die Stadt. Da helfen auch die Seenplatte, der Findlingspark oder Bad Muskau auch nicht mehr. Die Eishalle ist eine Zukunfts ( Ünberlebens )strategie der Stadt.
3 | oldfox | 21.02.2011 @ 09:27
Toilette contra Eisstadion, das muss ja ein Hi-Tec- Klo werden, Vollautomatisch und Computergesteuert, man braucht nichts mehr zu machen.
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Die Pokale an den Wänden des Vereinszimmers erzählen von besseren Zeiten. Ein Blick in die Tabelle der 2. Eishockey-Bundesliga spricht eine andere Sprache. Die Lausitzer Füchse auf dem 13. und damit letzten Platz sind punktemäßig weit vom Vorletzten weg – haben dennoch eine Zukunft. Die Gründe: Neuen Nachwuchs und die neue Eishalle wird es geben.
Die Planungen für den Neubau der Eishalle nehmen Gestalt an. Knapp 16 Millionen Euro – wofür? Für die 3. Liga?, fragen böse Zungen und fordern stattdessen öffentliche Toiletten am Bahnhofsvorplatz. Oder mehr finanzielle Unterstützung für die Jugendarbeit. „Aber genau das machen wir: Jugendarbeit.“ Bernard Stefan, Vorsitzender des Vereins Eissport Weißwasser (ESW) bekommt einen bitteren Zug um die Augen, wenn er nur an die Vorwürfe denkt. 200 Kinder trainieren beim ESW. Kinder aus der ganzen Region – bis hinüber nach Polen. Auf der Eisfläche tummeln sich Migranten und behinderte Kinder. Die soziale Verantwortung des Eissports steige, je mehr an den Ausgaben für die Träger der freien Jugendhilfe gespart wird, so Stefan.
Die Umkleiden für die Jugend sind im Obergeschoss. „Elternfreie Zone“, verkündet ein Schild. Schon auf der Treppe schlägt einem der dumpfe Geruch von Schweiß entgegen. Eine Belüftung nach heutigem Standard gibt es nicht. Die Umkleiden sind beengt. „Die Halle ist einfach runtergewirtschaftet“, sagt Füchse-Sprecher Andreas Friebel. Die Stadt habe an allen Ecken und Enden gespart, solange die Betreibung in ihren Händen lag. Bis 2005 ging das so. Dann setzte der damalige Oberbürgermeister Rauh dem Verein das Messer auf die Brust: Entweder ihr übernehmt die Halle oder es ist Schluss. Seitdem betreibt der Verein die Halle. Er setzte die Eiszeiten hoch und auch etwas die Mieten. Obwohl die Stadt seitdem 100000 Euro jährlich zuschießt, sparte sie durch den Deal insgesamt 1,6 Millionen Euro ein, so Stefan. Und der Verein macht seine Sache offensichtlich gut. Eine Betriebsprüfung 2010 bescheinigt „Vorbildlichkeit“.
Szenenwechsel. In der Wandvitrine am Eingang zu den Eismaschinen kuscheln sich Gasmasken aneinander. Gasalarm, warnt ein Leuchtschild über der Tür. Es ist aus. Dann öffnet der Eismeister und mehrfache Nationalspieler Frank Braun die Tür und der Spaß ist vorbei. Ammoniak – deshalb die Vorsichtsmaßnahmen. Das Gas aus Stickstoff und Wasserstoff ist giftig. Es kühlt die Eisfläche und nimmt jedem Besucher schon beim Erstkontakt den Atem. Von den drei Eismaschinen dient eine als Ersatzteillager. Nur eine ist neu. Die zweite stammt aus sowjetischer Produktion und arbeitet wenig effizient, wird aber gebraucht. Investitionsbedarf ist quasi überall an, in und um die Halle. Entlang der Leitungen, die vom maroden Hallendach kommend im Boden verschwinden, haben sich wüste Dreckschlieren gebildet. Sie lecken. Der Tüv droht, die Ausnahmegenehmigung für die Tribünen zu entziehen, obwohl erst vor zwei Jahren in die Treppenanlagen investiert wurde. „Die fünf Millionen Euro Eigenanteil, die die Stadt in den Neubau der Eishalle steckt, würden bei einer Sanierung der alten Halle bei Weitem nicht ausreichen“, stellt Stefan nüchtern fest.
In der Eishalle ist es kalt. Auf der Fläche trainieren Jugendliche. Bernard Stefan fummelt an seinem Handy und zieht den Belegungsplan groß. Nur zehn Prozent der Eiszeiten belegen die Profis der Lausitzer Füchse. „Die Leute unterscheiden ja nicht“, schimpft er. Die Profimannschaft sei nur Mieter. Nicht anders ist das bei der neuen Eishalle. Eine Kabine und anderthalb Büroräume werden dort ausschließlich dem Profibereich vorbehalten sein. Alles Übrige nutzen die 13 Hobbymannschaften, die Teams aus Niesky, Bad Muskau oder Jonsdorf, die Bambinis, die Kinder- und Jugendmannschaften mit. Braucht auch nur eine davon Ränge für über 2000 Zuschauer? „Die Profis tragen dazu bei, dass die Kinder und Jugendlichen subventionsfrei aufs Eis gehen können“, kontert Andreas Friebel. Rund 25 Prozent der künftigen monatlichen Miete fließen von der Spielbetriebs GmbH Lausitzer Füchse an den ESW. Ohne die Füchse und die neue Halle, da ist sich Bernard Stefan sicher, wäre der Eissport in Weißwasser tot. Und der ist eine Macht. „Wenn wir alle aufs Eis stellen, die hier spielen und trainieren, würden die Kritiker schweigen“, ergänzt Hans-Jürgen Beil vom ESW-Vorstand.
Von Thomas Staudt
Quelle: SZ-Online.de